Die Begünstigten bedanken sich

Von Nadya Moussa

Chiang Rai ist bekannt. Vielleicht weckt der Name nicht sofort Erinnerungen wach. Doch spätestens seit dem Sommer 2018 kennt man Chiang Rai auch über Thailands Grenzen hinaus. Damals waren zwölf Jungen einer Fußballmannschaft mit ihrem Trainer 17 Tage lang in einer Höhle gefangen. Kaum ein Jahr später trafen sich in Chiang Rai die Finanzminister der ASEAN-Staaten mit Vertretern der Weltbank im April 2019. Dazwischen, im Dezember 2018, wurde dort ein Teil der Winterhilfe von muslimehelfen ver teilt. Ein Zusammenhang besteht nicht. Ausgegeben wurde die Winterhilfe in acht Dörfern in Chiang Rai, dafür standen 10.000,00 Euro zur Verfügung. Die Jacken und Decken konnten direkt vor Or t eingekauft werden. Die Waren vor Ort einzukaufen hat viele Vorteile. Der Transportweg ist kürzer und die Benzinkosten daher niedriger. Die Kleidung und Decken fallen nicht als fremd- ländische Fabrikate auf, die Begünstigten werden also nicht bloßgestellt und sind nicht aus der Ferne schon als hilfsbedürftig erkennbar. Die Hilfsgüter mussten nur noch in die Dörfer gefahren werden, daher wurde für vier Tage ein Mikrobus gemietet. Transportkosten lassen sich in der Regel nicht völlig vermeiden. Die Winterhilfe wurde im vergangenen Jahr an Mitglieder indigener Stämme ausgegeben, die in Wäldern auf den Hügeln leben. 800 Jacken für genauso viele Jungen und Mädchen wurden verteilt, jeweils 400 Männer und 400 Frauen erhielten eine Decke. Die Verteilung fand Ende Dezember statt. Umgerechnet hat eine Jacke etwa 7 Euro gekostet, eine Decke knapp unter 5Euro. Die Familien, die berücksichtigt wurden, bauen wie andere Familien aus der Region auch Nutzpflanzen an, von denen sie leben. Die Erträge sind karg und reichen nicht aus, um ein Einkommen daraus zu erzielen und andere Grundbedürfnisse zu decken. Viele Möglichkeiten haben sie nicht, also bleiben die Dorfgemeinden arm. Winterkleidung und Wolldecken können sie sich aus eigenen Mitteln nicht leisten.

Thailand: Insgesamt wurden 800 Decken und 800 Pullover ausgegeben.

Chiang Rai ist eine Provinz hoch im Norden Thailands, die im Westen an Myanmar grenzt und im Osten an Laos. Das Areal ist durchzogen von Hügel- und Bergformationen, über die sich Wälder erstrecken. Flussläufe mäandern am Fuße der Berge entlang. Es ist sicherlich nicht der kälteste Ort der Welt. Dort liegt kein Schnee. DieTemperaturen fallen selten bis auf den Gefrierpunkt. Dennoch, manchmal liegt Frost. Dem thailändischen Wetterdienst TMD zufolge war der Dezember 2018 im Norden und Nordosten Thailands kalt. Auf der gesamten Halbinsel hatte es ungewöhnlich viel und stark geregnet, mehr als sonst. Die Temperaturen lagen Anfang Dezember im Norden nachts bei 6° Celsius und drei Wochen später nur noch bei knapp unter 2° Celsius.

Kälte empfindet jeder von uns anders, sie ist relativ. Manche Menschen vertragen sie nicht, andere lieben sie. Was sie besonders und für viele unangenehm macht, ist, dass wir frieren, wenn uns kalt ist. Nässe verstärkt unser Empfinden. Wenn wir frieren, werden wir schnell krank. Besonders rasch erkälten sich alte Menschen und Kinder. Das ist international. Kälte, Keime und Viren schrecken nicht vor geographischen Linien zurück. Vor allem abends und nachts, wenn wir ruhen oder schlafen, kommt sie uns mit einem Schauer über die Schultern, wir schütteln uns und die Kälte ab, wenn wir wach sind, und wachen im schlimmsten Fall durch sie auf, wenn wir schlafen.

Chiang Rai liegt über 790km von Thailands Hauptstadt Bangkok entfernt, etwa die gleiche Entfernung trennt Berlin von Innsbruck. Wer gerne reist, kann sich die Art der Beförderung aussuchen: Neben Eisenbahnen und Bus- verbindungen eröffnet vor allem der Flughafen Reisemög- lichkeiten, Straßen führen ins benachbarte Ausland oder in den Süden der Halbinsel. Eine der Schnellfahrtstraßen wurde bei dem Erdbeben 2014 schwer beschädigt. Der Verkehr kam zum Erliegen. Erd- und auch Seebeben sind im Königreich keine Seltenheit – Thailand liegt in einer seismisch aktiven Zone. Aber das Erdbeben von 2014 war mit einem Wert von 6,3 auf der Richterskala eines der schwersten, die je auf der Halbinsel gemessen wurden. Die Erschütterungen waren so heftig, dass sie sogar in Bangkok und Myanmar zu spüren waren. Über 3.500 Wohnhäuser waren damals beschädigt worden, sowie zehn Tempel, drei Schulen, drei Krankenhäuser, ein Hotel und die oben erwähnte Schnellfahrtstraße. Auf Grund der Nachbeben trauten sich manche Anwohner nachts nicht zurück in ihre Häuser und verbrachten die Nacht lieber draußen im Freien. Es gibt verhaltenen Tourismus, meist zu den Tempeln. Der beliebteste, der so genannte Weiße Tempel, der aus der Ferne tatsächlich wie eine wunderbare Winterlandschaft anmutet, ist bis auf unbestimmte Zeit für Touristen geschlossen; die Schäden, die durch das Erdbeben vor fünf Jahren hervorgerufen wurden, sind zu stark. Tierfreunde können in einem Nationalpark Elefanten ganz nah kommen: Sie füttern, mit ihnen schwimmen oder einfach nur neben ihnen herlaufen.

Die medizinische Grundversorgung im Land ist gut, in den Städten sind freilich mehr Ärzte ansässig als auf dem Land und die Möglichkeiten der medizinischen Behandlung und Versorgung dort vielfältiger und besser, aber auch das ist international. Seit 2002 steht Thailändern eine flächendeckende Krankenversicherung zu, Migranten bleiben jedoch weitestgehend unterversorgt. Betroffen sind vor allem Flüchtlinge aus Pakistan, Vietnam und Myanmar, aber auch aus Syrien, die dort Schutz vor Ver- folgung und Krieg in ihrer Heimat suchen. Ihre Lage ist in Thailand kaum besser als daheim. Sie leben in ständiger Angst aus ihren Wohnungen heraus inhaftiert zu werden, haben kaum Zugang zu sauberem Trinkwasser und Lebensmitteln. Über vergangene Ramadanhilfeprojekte von muslimehelfen wurden viele von ihnen mitversorgt. Muslime stellen in Thailand die größte Minderheit, auch ohne zugezogene Flüchtlinge; die überwiegende Mehrheit der Thailänder bekennt sich jedoch zum Theravada-Buddhismus. Die meisten Muslime leben im Süden der Halbinsel in den Provinzen Narathiwat, Pattani und Songkhla, aber auch in Nong Chok, einem Bezirk Bangkoks. Dort wurden in den vergangenen Jahren mehrere Ramadanhilfe- und Kurbanprojekte umgesetzt. Im Dezember 2014 wurden die südöstlichen Küstenstreifen von Narathiwat, Pattani und Yala von Fluten getroffen. 1.765 betroffene Familien konnten damals über Spenden in Höhe von 20.000,00 Euro mit Lebensmitteln notversorgt werden. Über die Winterhilfe 2018 wurden hauptsächlich Ältere und Kinder der indigenen Stämme in Chiang Rai bedacht. Auch die mittlerweile 13-jährige Ajchariya hat im letzten Dezember einen Pullover erhalten. Sie hatte damals ge- sagt: „Wir freuen uns sehr, dass ihr uns unterstützt. Alle haben versprochen, gute Kinder der Gesellschaft zu sein und die Lehren des Vaters und des Lehrers zu befolgen. Die Sachen, die wir über die Winterhilfe bekommen haben, schützen gut und sind wertvoll. Ich wünsche euch die Gesundheit, die ihr euch wünscht!“

Auch Seangjan, 41 Jahre alt, hat Winterhilfe, eine Decke, erhalten. Sie erzählte von sich: „Wir sind eine Großfamilie und leben in einer armen Familie. Hier ist es jetzt gerade Winterzeit. Ich freue mich so, dass ich diese Decke bekom- men habe, die gegen die Kälte hilft. Habt vielen Dank!“

Im Namen aller Begünstigten der Winterhilfekampagne sagen wir den Spendern Danke! Über die gesamte Winterhilfe 2018-2019 konnten insgesamt 34.598 bedürftige Männer, Frauen und Kinder jeden Alters, unter ihnen Witwen, Waisen, Menschen mit geistigen und körperlichen Behinderungen, Menschen ohne Arbeit und jegliches Einkommen, Alte, Kranke und Alleinstehende, Vertriebene und Geflüchtete, Menschen ohne jeglichen Beistand und Unterstützung mit wärmenden Decken und warmer Kleidung, Heizmaterial und Lebensmitteln versorgt werden. Möge Allah es allen mit Gutem vergelten, die sich dafür eingesetzt haben.

Thailand: Die Hälfte der Begünstigten der Winterhilfe sind Kinder.

* Stand: 20.09.2019

Winterhilfe für indigene Stämme in Thailands Norden

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