Die Begünstigten bedanken sich

Nadya Moussa

Blinden und Sehbeeinträchtigen wird oft ihre Unabhängigkeit abgesprochen. Meist ohne dass sie jemand gefragt hätte. Vielleicht ist es die Annahme, dass die meisten Menschen diese Welt sehend begreifen. Vielleicht ist es aber auch nur ein Vorurteil. Doch Vorurteile bringen niemanden weiter. Und manchmal sind es die Sehenden, die einer neuen Perspektive bedürfen.

Togo ist ein sehr kleines, sich längs nach Norden hinstreckendes Land in Westafrika. Keine acht Millionen Einwohner zählt es, von denen allein in der Hauptstadt Lomé etwas über eine Millionen leben. Im recht zentral gelegenen Sokodé finanziert muslimehelfen seit 2010 Blindenhilfeprojekte. Damals wurde noch ein Gebäude angemietet, das allerdings schnell zu klein geworden war. Ein neues Gebäude war notwendig geworden.

Togo: Der Eingang des Blindenzentrums in Kadambara.

Am 21. Dezember 2013 war es dann alhamdulillah so weit: Das Centre Islamique pour l´Education et la Formation des Personnes Aveugles, wie das Blindenzentrum offiziell heißt, wurde in Kadambara feierlich eröffnet. Kadambara ist ein Dorf, vier Kilometer östlich von Sokodé gelegen. Viele der übrigen Einwohner sind Bauern. Das drei Hektar große Stück Land hat die Gemeinde zur Bebauung gestiftet. Selbstverständlich ist diese Großzügigkeit bei Weitem nicht. Blinde und Sehbeeinträchtigte gelten in Togo als Last nicht nur für die Familie, sondern auch für die Gesellschaft an sich. Da bereits viele Kinder nicht sehen können, bleiben sie der Schule fern. Ersatz gibt es kaum. Doch ohne Schulbildung ist keine Ausbildung, kein Beruf möglich. Der Weg in die Abhängigkeit von Mitgefühl und Mitleid anderer ist praktisch unausweichlich, oder um es einfacher zu sagen: Wer blind ist, muss betteln. Kinder aus bedürftigen und von Armut bedrohten Familien haben keine Möglichkeit diesem Schicksal zu entfliehen. Nur wenige, die, die Glück haben, schaffen es dennoch. Doch dank der unermüdlichen Arbeit unserer Partnerorganisation, die über Bekannte und Freunde bei den Medien, in der Lokalpolitik und bei muslimischen Einrichtungen stets über ihre Bemühungen und ihre Erfolge informieren und zeigen, dass Fleiß und Wissenserwerb nicht an die Fähigkeit zu sehen gebunden sind, hat sich das Bild der Blinden, das in vielen Köpfen vorhanden war, gewandelt. Ganz langsam, aber mit stetigem Erfolg wird Blindheit anders wahrgenommen. Sie mag ein Hindernis sein, aber noch lange kein Hinderungsgrund.

Togo: Die Schüler bearbeiten den Garten selbst, so lernen sie gleich neue Fähigkeiten dazu.

Ein Sprichwort sagt, man sieht nur mit dem Herzen gut. Blindheit, was ist das also? Banal ausgedrückt, ist Blindheit die Unfähigkeit zu sehen. Sie hat viele Gründe. Sie kann im Alter auftreten, als sogenannte altersbedingte Makuladegeneration, das klingt sehr wissenschaftlich, meint aber die Beeinträchtigung der Sehzellen in der hinteren Netzhaut des Auges, der Makula, über die wir Farben erkennen und scharf sehen können. Schon Kleinkinder können erblinden, in Entwicklungsländern ist vor allem Mangelernährung ein Grund dafür, beispielsweise wenn zu wenig Vitamin A aufgenommen wird. Weitere häufige Erkrankungen der Augen sind grauer Star (Katarakt) und grüner Star, auch Glaukom genannt. Diese Erkrankungen sind nicht auf ein geographisches Gebiet beschränkt. In Wohlstandsgesellschaften können sie aber zumindest untersucht und bei Früherkennen gut behandelt werden. Mit der Onchozerkose, auch Onchocerciasis genannt, die im Volksmund eher als Flussblindheit bekannt ist, verhält es sich ein wenig anders.

Die Flussblindheit ist eine Infektionskrankheit, die vor allem in Zentral- und Südamerika, sowie in West- und Zentralafrika vorkommt. Übertragen wird sie durch Kriebelmücken, deren harmlose Variante auch hierzulande verbreitet ist. Kriebelmücken dienen den Larven von Fadenwürmern – der lateinische Fachbegriff lautet Onchocerca volvulus, der Namensgeber für diese Infektion ist – als sogenannte Zwischenwirte. Die Mücken nehmen durch ihren Biss eine oder mehrere Larven unbemerkt aus dem Menschen, den sie beißen, auf. Die Larve bleibt entweder im Körper der Kriebelmücke oder wandert bei einem nächsten Biss in den Körper eines anderen Menschen. Dort kann sie in das Auge des Betroffenen gelangen und zu Schäden der Augenkammer bis hin zur Erblindung führen. Besonders gefährdet sind Menschen, die an schnell-strömenden Flüssen siedeln, weil die Mücken dort leben.

Blindheit kann, muss aber kein Hindernis darstellen, wie die Jungen und Mädchen im Blindenzentrum in Kadambara beweisen. Das Zentrum ist nicht ein Gebäudekomplex, sondern besteht aus mehreren kleinen Einzelgebäuden. Die Mitte der Gebäude ziert ein halboffener Rundbau, an deren Innenseite Holzbänke entlang führen. Auf die übrigen Häuschen sind die acht Schlafräume, acht Unterrichtszimmer, Toiletten und Duschen verteilt. Hinzu kommen zwei Wohnungen für Lehrer und Betreuer. Das Zentrum ist mit einer Solaranlage ausgestattet, außerdem verfügt es über einen Generator und eine eigene Getreidemühle. In der Mühle wird Korn nicht nur für den Eigenbedarf zu Mehl gemahlen, auch die Bauern lassen ihr Getreide dort gegen einen kleinen Aufpreis mahlen.

Das Blindenzentrum war zwar bereits 2013 bezugsfertig und ist seitdem in Betrieb, aber bis ins Jahr 2017 hinein wurde noch gebaut und gepflanzt, weil sich herausgestellt hatte, dass Änderungen nötig waren. Im Frühjahr 2016 beispielsweise konnte die Sicherungsmauer fertiggestellt werden. Bis dahin war das Gelände offen und Tiere, vornehmlich Hühner, Ziegen, Schafe und Rinder, liefen ungezwungen und frei zwischen den Gebäuden umher, aber auch den benachbarten Bauern diente ein Gang über das Gelände als Abkürzung zu ihren Feldern. Da die Schüler aber nicht sehen können, wer und ob jemand vor ihnen steht, haben sie sich gefürchtet und um eine Mauer gebeten.

Ende 2016 folgte dann ein Lehrgarten, der auf dem Areal des Blindenzentrums angelegt wurde. Dort lernen die Schüler, Gemüse zu ziehen. Neben Gombo, einem Gemüse, das Okraschoten ähnelt, werden auch Gboma, auch afrikanische Aubergine genannt, Kohl, Salat, Paprika und Tomaten angebaut. Teile des Anbaus werden auch auf dem Markt verkauft.

Das Gelände des Blindenzentrums war bis Ende letzten Jahres mit Gras bewachsen. In der Regenzeit aber war es dort zu kleinen Überschwemmungen gekommen. Weil es in kurzer Zeit recht viel geregnet hatte, konnten die angesammelten Wassermassen nicht abfließen. Während dieser Zeit waren die Schüler und Schüler-innen daher einige Tage an das Haus gebunden, weil sie nicht vor die Tür konnten. Um vor allem die Kinder zu schützen und das Gehen zwischen den einzelnen Gebäuden zu erleichtern, wurden Gehwege angelegt und Abflüsse in die Bahnen eingebaut, damit das Regenwasser ungehindert abfließen kann und sich keine größeren Pfützen bilden können. Die Gehwege sind aus Pflastersteinen gelegt, die von niedrigen Kanten umgeben sind, damit die blinden Schüler und Lehrer merken, wo der Gehweg beginnt beziehungsweise aufhört und die ungepflasterte Grasfläche beginnt. Zwischen den Gehwegen und den Hausaußenwänden wurden frisches Gras und stellenweise auch Sträucher und Nadelbäume gepflanzt.

Auf speziellen Wunsch der Kinder wurde eine Kantine errichtet und im Ramadan feierlich eröffnet. Sie besteht aus einer kleinen Küche mit Durchreiche, an die sich ein Speiseraum anschließt. Bis vor der Fertigstellung wurde im Freien gekocht und gegessen.

Ebenfalls im Ramadan wurde die vorerst letzte Baumaßnahme fertiggestellt: ein Ziegenstall, in dem nun zehn Ziegen unterstehen. Die Tiere dienen als Grundstock für eine Ziegenzucht, an denen die Jungen und Mädchen lernen sollen.

Im Blindenzentrum lernen derzeit fünfundzwanzig Kinder und Jugendliche. Der Unterricht findet in Braille, der Blindenschrift statt. Dazu werden Punktschrifttafeln und Griffel benutzt. Der Lehrplan ist derselbe wie an öffentlichen, staatlichen Schulen. Viele der Schüler leben in der Woche im Blindenzentrum, nur für das Wochenende kehren sie zu ihren Familien zurück. Wenn sie mit ihrer Schulausbildung fertig sind, steht ihnen inschallah ein Teil dieser, uns bekannten Welt offen.

Selbstbestimmt und ohne Scham

Zugehöriges Projekt

Von Nadya Moussa

Vielleicht hat nicht alles ein Ende, aber Vieles. Ein Schuljahr beispielsweise endet mit der Zeugnisausgabe. Bei einem letzten Appell im auslaufenden Schuljahr 2016/17 versammelten sich die Schüler und Schülerinnen der muslimehelfen Primary School in Bujumbura vor ihrem Lehrerstab. Manche sehr ernst, andere mit vor Freude strahlenden Gesichtern, die Jüngeren zappelten ein wenig herum, ein wenig übermütig vor Aufregung, die überwog. Einige Eltern, vorwiegend Mütter, vielleicht auch Tanten, Großmütter waren ebenfalls anwesend. Sie alle feierten. Sie feierten nicht nur, dass die Kinder und Jugendlichen ein weiteres Jahr in der Grundschule hinter sich gebracht hatten, sondern auch das Besondere, dass jedes Kind – mit zwei Ausnahmen –, das sich im September 2016 eingeschrieben hatte, im August 2017 ein Schuljahr beendet hatte. In diesem Schuljahr gab es nur zwei Abgänger, ein Schüler war mit seiner Familie umgezogen und der zweite sollte an einer Schule angemeldet werden, die näher an seinem Wohnort war.

Burundi: Arbeiter ziehen Verbindungsdraht um Betonstahl.

Alhamdulillah. Anders war es in den vorausgegangenen Jahren, als zum Kalenderjahreswechsel, vor Ende des ersten Schulhalbjahres oder kurz nach Beginn des zweiten einige Schüler die Grundschule verlassen hatten. Die Kinder und Jugendlichen waren mit ihren Familien entweder über die Grenze ins benachbarte Ruanda oder in eine andere Stadt oder Provinz innerhalb Burundis geflohen.

Wirft man einen Blick auf die Weltkarte, könnte man meinen, das Herz Afrikas schlüge in Burundi, dem kleinen Binnenstaat im Bereich der Großen Seen, zwischen Ruanda, der Demokratischen Republik Kongo und Tansania. Von seinen über elf Millionen Einwohnern leben über eine Million in der Hauptstadt Bujumbura und dreihundertneunzehntausend als Flüchtlinge in Tansania, über einhundertfünfzehntausend weitere im ebenso kleinen Ruanda. Es gibt Zeiten, da werden es mehr, manche wiederum kehren nach wenigen Wochen im Exil wieder zurück an den Ort, der vor ihrer Flucht ihr Zuhause bedeutete.

Burundi: Jedem Schüler wird einzeln sein Zeugnis ausgehändigt.

Burundi ist nicht unbedingt ein Land, das man – salopp gesagt – auf dem Schirm hat. Es ist ebenso klein wie es für die meisten unbedeutend ist, als dass ihm ein Recht in den Acht-Uhr-Nachrichten eingeräumt würde. Doch das Land trägt schwer an seinen tief sitzenden Wunden. Lange andauernde Bürgerkriege haben den kleinen Staat niedergestreckt. Ähnlich wie im Nachbarstaat Ruanda war in den Neunzigern zwischen Hutus und Tutsis erneut ein bitterer Bürgerkrieg entflammt, der erst nach über einem Jahrzehnt im Jahr 2005 mit dem so genannten Arusha peace and reconciliation agreement for Burundi beendet werden konnte. Diese peinlich detaillierte Vereinbarung wurde zwar bereits zur Jahrtausendwende von beiden Konfliktparteien akzeptiert, doch der Bürgerkrieg schwelte noch einige Jahre länger. Sie bildet das Fundament einer neuen Zeit, oder zumindest war dies das erdachte und erhoffte Ziel. Mitglieder der verschiedenen ethnischen Gruppen sollten in allen wichtigen politischen, militärischen und sozialen Einrichtungen und Ämtern gleichberechtigt sein. Das Schriftstück wurde unter erheblicher Mitwirkung von Nelson Mandela aufgesetzt, der sich zwei Jahre lang in endlos erscheinenden Gesprächen mit beiden Seiten unterhielt und verhandelte. Die neue burundische Verfassung stützt sich auf diese Vereinbarung. In der Verfassung ist unter anderem vorgeschrieben, dass das Präsidentenamt nur höchstens zweimal von ein und derselben Person ausgeübt werden darf. Damit soll Korruption verhindert werden und den Vertretern jeder ethnischen Gruppe gleichermaßen das Recht und die Möglichkeit zukommen, sich um das politische Wohl aller im Land zu kümmern und die Interessen aller am besten zu vertreten. Im Jahr 2015 wurde Präsident Pierre Nkurunziza mit einer Mehrheit von siebzig Prozent im Amt bestätigt. Es ist seine dritte Amtszeit als burundischer Staatspräsident.

Die Wochen nach der Wahl waren gekennzeichnet von Gewalt, Morden und Einschüchterungen. Die Erklärungsversuche von Nkurunzizas Partei, dass er bei seinem ersten Amtsantritt nicht gewählt, sondern bestimmt worden sei, gefielen nicht. Fotos von wütenden Mobs gingen um die Welt. Es folgte eine neue Flüchtlingswelle nach Süden und Osten. Die Wirtschaft, sowieso schon am Ende, sank weiter in den Keller. Nicht nur in der Afrikanischen Union stieß diese politische Entwicklung auf Widerwillen. Im folgenden Jahr scheiterten internationale Versuche, die Gewalt zu dämmen und Ruhe einkehren zu lassen weitestgehend. Die UN setzten auf Dialog, der damalige Generalsekretär Ban Ki-moon reiste nach Burundi. Andere setzten auf finanziellen und wirtschaftlichen Druck: Die EU fror ihre Hilfszahlungen ein, das Vereinte Königreich, die USA und die Regierungen einiger europäischer Länder verhängten Sanktionen. Auch die Mitgliedsstaaten der Afrikanischen Union, der auch Burundi angehört, waren verstimmt und wollten Friedenstruppen schicken, die Bujumbura ablehnte.

Die Hauptstadt Bujumbura liegt am nordöstlichen Ufer des Tanganjika-Sees. Dort steht ein Waisenzentrum, dessen Baukosten muslimehelfen übernommen hat, mit einer integrierten Grundschule und dem Büro unserer Partner. muslimehelfen finanziert dank der großzügigen Spender seit bald acht Jahren den Schulbetrieb im Waisenzentrum, die Waisenhilfe sogar seit beinahe zehn Jahren. Waisenhilfe, das sind Lebensmittelhilfen für die Familien von Waisen – viele Familien bestehen aus Mutter, ein paar Tanten und zehn bis fünfzehn Kindern. Wenn ein Mensch stirbt, hinterlässt er eine Lücke, Waisenhilfe ist daher auch psychologische Unterstützung: Je nachdem wie und woran ein Verwandter stirbt und wie psychologisch stark die Hinterbliebenen sind; manchmal kann ein Außenstehender eher helfen zu überwinden, was die Seele nicht zu verstehen vermag. Waisenhilfe bei muslimehelfen bedeutet auch ein Besuch beim oder vom Arzt. Denn nicht nur Magen und Seele bedürfen Aufmerksamkeit. Und schließlich sind auch Bücher, Stifte, Uniformen und Schultaschen, manchmal – für Schüler an weiterführenden Schulen – auch Schulgebühren Waisenhilfe.  Die Verteilungen finden geschützt im Hof des Waisenzentrums statt.

Denn die Gefahr auf den Straßen war auch dort, vor dem Waisenzentrum spürbar. Das Zentrum ist mit einer hohen Mauer umgeben, zwei Wachmänner stehen bereit. Hinter den Mauern lernen im derzeit laufenden Schuljahr zweihundertfünfundzwanzig Jungen und Mädchen in den Klassen eins bis acht, die meisten von ihnen sind Waisen. Sechzehn Lehrer unterrichten ihre Schützlinge in den Fächern Mathematik, Französisch, Englisch, Kiswahili, Naturwissenschaften, Technik, Kunst und Religion. Einige der Schüler, die jetzt in der siebten oder achten Klasse sind, sind schon seit den ersten Klassen an der muslime-helfen Primary School, wie Zainabu Sefu. Zainabu ist jetzt 15 Jahre alt und lebt bei ihren Verwandten in Buyenzi, einem Stadtteil Bujumburas. Am Ende des Schuljahres 2016/17 wurde sie gefragt, ob sie den Spendern von muslimehelfen etwas mitteilen möchte. Sie wollte, dass die Spender wissen: „Ich bin zwar eine Waise, aber durch eure Unterstützung geht es mir gut. Ich bekomme, was ich brauche. Ich lerne, habe eine Uniform und Bücher, ich bekomme ärztliche Hilfe und etwas zu essen. Ich habe in der zweiten Klasse hier angefangen und jetzt bin ich in der Siebten und im nächsten Schuljahr komme ich in die achte Klasse. Außer Danke kann ich euch nichts sagen. Nur Allah kann euch mit der höchsten Stufe im Paradies belohnen.“ Zainabu ist eine von dreiunddreißig Schülern und Schülerinnen, die erstmalig an der Grundschule in die siebte Klasse versetzt wurden. Nicht, weil alle Schüler der Vorläuferklassen so schlecht abgeschnitten hätten, sondern weil es vorher keine siebte Klasse gegeben hatte.

Burundi: Einige Schüler und Schülerinnen der Muslime Helfen Primary School mit ihren Zeugnissen.

In Burundi wurde das Grundschulsystem geändert, statt sechs Jahre, wie bisher, sollen die Jungen und Mädchen landesweit nun neun Jahre in die Grundschule gehen. Solch eine Änderung lässt sich allerdings nicht so leicht von heute auf morgen bewerkstelligen. Das neue Gesetz betrifft alle Grund- und weiterführenden Schulen landesweit, Umbaumaßnahmen sind notwendig, weil die wenigsten Schulen den Luxus von zu viel Raum genießen. Für die siebten bis neunten Klassen müssen laut einer Verordnung zusätzliche Lehrer angestellt werden, es fehlt an Stühlen, Tischen, Büchern. Das Waisenzentrum betreffend musste also angebaut oder neu gebaut werden. Denn die Alternative wäre gewesen, dass die Absolventen der sechsten Klassen die muslimehelfen Primary School  hätten verlassen müssen.

Eine bisherige Regelung der Regierung besagte, dass die Leistung der Schüler ausschlaggebend für die Qualität ihrer weiteren Schullaufbahn gewesen wäre. Das bedeutet, je besser ein Schüler bei den landesweiten Abschlussprüfungen der sechsten Klasse abgeschnitten hatte, desto höher war die Wahrscheinlichkeit, dass er oder sie einen Platz an einer der besten staatlichen Schulen erhalten hätte. Die Schüler der muslimehelfen Primary School waren stets unter den Besten. Doch in 2015 war diese Verordnung aufgehoben worden und unsere Partner befürchteten, dass die Kinder, die bisher in ihrer Obhut waren, auf Grund der steigenden Korruption und ihrer Armut keine Chance auf einen Platz an einer guten Schule gehabt hätten. Die Alternative wären Schulen in schlechtem Zustand mit fehlenden Stühlen, Tischen und Büchern, und an die einhundert Klassenkameraden.

So wurde das Waisenzentrum dann ab Mitte Juli 2017 zu einer Großbaustelle. Damit der Unterricht nicht beeinträchtigt wurde, fand der Anbau hauptsächlich in den Ferien statt. Im Hof, auf dem sonst die Jungen und Mädchen in den Pausen Fußball spielten, Seil hüpften oder sich in Grüppchen unterhielten, wurde ab dem Spätsommer vermessen, gesägt und genagelt. Doch der Anfang war schwer. Es hatte Monate gedauert, bis man überhaupt mit den Baumaßnahmen hatte beginnen können. Die Unruhen machten das für Ende 2016 geplante Bauprojekt unmöglich. So langsam griffen die Sanktionen der ausländischen Mächte und machten sich im Alltag bemerkbar. Die Preise für Lebensmittel stiegen zum Teil drastisch an. Einige Wochen lang waren Grundnahrungsmittel wie Speiseöl über vierzig Prozent teurer als normal, die Kosten für Schulmaterial waren stellenweise um fast einhundertfünfzig Prozent gestiegen. Um die Preise zu senken und die Bürger zu beschwichtigen, hatte der Staatspräsident angeordnet, dass die Einfuhrzölle für ausländische Lebensmittel aufgehoben werden sollten. Die Preise sanken.

Obwohl die Gewalt nachgelassen hat, ist die Gesamtsituation immer noch fragil, die politische Situation ungelöst. Im Juni 2017 endlich hatte sich der Zustand im Land jedenfalls soweit gebessert, dass der Baubeginn eingeleitet werden konnte. Zuvor hatten die Partner einen Architekten beauftragt, der die Statik des bestehenden Gebäudes prüfen sollte. Wäre das Fundament nicht stark genug gewesen, wäre ein Oberbau auf das Erdgeschoss nicht möglich gewesen. Aber alhamdulillah, der Architekt konnte grünes Licht geben und der Bau in Angriff genommen werden, wenn auch nicht ganz wie geplant. Denn die Sanktionen der europäischen Länder führten zu Fluktuationen der burundischen Franken und zu einem Mangel an Devisen und beeinträchtigten so zunehmend auch die Einfuhr von Baumaterialien und anderen Gütern.

Unter einem dichten Wolkenteppich am Himmel stehen ein Dutzend junger Männer auf dem ehemaligen Dach des linken Flügels des Waisenzentrums in Bujumbura. Der Boden ist mit Sand aufgeschüttet, dünne Baumstämme und Holzplanken liegen dort verteilt. Das Gerüst für die Wände des zukünftigen ersten Stockes steht bereits. Im Hof ziehen sechs Arbeiter mit Armierzangen den Verbindungsdraht um den Betonstahl fest, um ihn so zu einem rechteckigen Bewehrungskorb zu verbinden. Die fertigen Körbe werden später dem Druck in den Wänden und von den Decken standhalten müssen.  Diese Szenen wurden von unseren Partnern auf Fotos festgehalten. Sie belegen den Fortschritt der Baumaßnahmen. Weitere Informationen dazu gibt es hier.

Waisenhilfe ist eine Investition in die Zukunft, nicht nur eines Kindes, sondern einer Gesellschaft. Gemeinsam bauen wir sie auf, jeder mit den Mitteln, die ihm oder ihr zur Verfügung stehen.

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Verantwortung, die verpflichtet − Waisenhilfe in schwierigen Zeiten

Zugehöriges Projekt

Ahmad von Denffer

Als wir 1985 „muslimehelfen“ gründeten, haben wir mit dem Namen zugleich die Absicht unserer Initiative zum Ausdruck gebracht: Wir, Muslime, wollen helfen. Heute, nach über 30 Jahren, dürfen wir sagen: Al-hamdu li-llah, es ist gelungen. Und wir sagen weiterhin: Wir, Muslime aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, wollen hilfsbedürftigen Menschen beistehen.

Inzwischen hat sich viel verändert. Andere Hilfsaktionen und Organisationen sind entstanden, kleinere und größere, vorübergehende und beständige. Darüber sind wir froh, al-hamdu li-llah, denn die Not ist nicht weniger geworden, im Gegenteil, und die Zahl der Helfer hat nie ausgereicht. Schaut man genauer hin, sieht man, wo sie sich an muslimehelfen orientiert haben, und worin sie sich von muslimehelfen unterscheiden. Denn anders, als man bei oberflächlicher Betrachtung vielleicht meint, sind durchaus nicht alle gleich.

Auch muslimehelfen hat einige Besonderheiten. Es lohnt sich, diese von Zeit zu Zeit in Erinnerung zu rufen und darauf zu achten, worin sich muslimehelfen von anderen Hilfsinitiativen und Organisationen unterscheidet. Eine der Besonderheiten von muslimehelfen besteht darin: muslimehelfen ist frei…

muslimehelfen ist das freie und gemeinnützige Hilfswerk deutschsprachiger Muslime und damit eine unabhängige Nicht-Regierungs-Organisation.

Das bedeutet: muslimehelfen ist frei von Einflüssen auf das Anliegen. Bei muslimehelfen geht es allein um die Unterstützung hilfsbedürftiger Menschen durch Hilfsmaßnahmen in Notstandsgebieten, bei Krieg, Hungersnot, Naturkatastrophen und in den Bereichen Gesundheitswesen, Bildung und Entwicklungshilfe.
Frei bedeutet: muslimehelfen gehört keiner besonderen Moscheegemeinde, keiner besonderen muslimischen Vereinigung oder Organisation, keinem Dachverband, keiner besonderen Denkrichtung an. Deshalb gibt es auch keinen Einfluß solcher Institutionen auf muslimehelfen, und die Arbeit von muslimehelfen dient deshalb auch keinem anderen Zweck als der Unterstützung der Bedürftigen.

Frei bedeutet weiter: muslimehelfen ist eine Nicht-Regierungs-Organisation im wahren Sinn des Wortes. Viele sogenannte Nicht-Regierungs-Organisationen lassen ihre Arbeit oder große Teile ihrer Projekte durch Regierungen finanzieren, seien es ausländische oder die Bundesregierung. muslimehelfen bedient sich keiner finanziellen Unterstützung durch solche Stellen, nicht durch Regierungen, nicht durch Ministerien, Parteien, Interessenverbände und dergleichen mehr. Die Mittel, die muslimehelfen verwenden kann, kommen allein aus den zahlreichen Einzelspenden von Muslimen und Menschen in Deutschland, Österreich und der Schweiz, möge Allah es ihnen allen auf beste Weise lohnen.

Frei bedeutet zudem: muslimehelfen bestimmt selbst und unabhängig von anderweitigen Interessen, wann und wo Hilfsprojekte erfolgen. Wir arbeiten, wo Hilfsbedürftigkeit besteht, wo die Verhältnisse vor Ort sinnvolle und wirksame Maßnahmen tatsächlich zulassen, wo die Hilfsmaßnahmen allein den Bedürftigen zugute kommen und wofür ausreichende Mittel zur Verfügung stehen.

Dieses „Frei-Sein“ ist eine der Besonderheiten, die muslimehelfen seit mehr als 30 Jahren ausgezeichnet hat und auch zukünftig auszeichnen soll. Dafür bitten wir wie stets um großzügige Unterstützung, damit wir weiterhin unsere Aufgabe erfüllen können: Muslime helfen!

muslimehelfen ist frei …

Zugehöriges Projekt

Waise wird im Koran auf Arabisch als „yatiim“ bezeichnet. Yatiim ist ein Junge oder Mädchen, das vor der Pubertät den Vater verliert. Unser Prophet (s) verlor bereits bevor er auf die Welt kam seinen Vater. Mit etwa sechs Jahren, nachdem seine Mutter starb, wurde er zu einer Vollwaise. Deswegen kannte er (s) aus eigener Erfahrung das Gefühl und die Schwierigkeiten, wie es ist als Waisenkind aufzuwachsen und als wahren Beschützer nur auf Allah zu vertrauen.

In der Stammesgesellschaft zur Zeit des Propheten (s) mussten viele Waisenkinder versorgt werden, da die Auswirkungen von Krieg und Kampf dies erforderten.

So wurden dem Propheten (s) auch Fragen über die Behandlung und Versorgung der Waisen im Islam gestellt: „…Und sie fragten dich nach den Waisen. Sag: Ihr sollt das tun, was für sie gut ist…“ (2:220). Aus der Geschichte von Anas bin Malik (r.a.) erfahren wir, wie ernst der Prophet (s) diese Anweisung seines Herrn nahm und wie liebevoll, barmherzig und fürsorglich er die ihm anvertrauten Waisen behandelte.

Umm Sulaim, die Mutter von Anas bin Malik (r.a.), bot dem Propheten (s) an, ihren Sohn in seine Dienste zu geben. Der Vater des kleinen Anas (r.a.) war verstorben und deshalb akzeptierte der Prophet (s) das Angebot der Mutter. Er nahm den klugen Anas in seine Obhut und kümmerte  sich fortan um seine Versorgung und Erziehung. Anas (r.a.) blieb etwa zehn Jahre in den Diensten des Propheten (s) und Überlieferungen berichten uns, dass er (s) ihn niemals grob behandelte oder mit ihm schimpfte. Der Gesandte Allahs (s) hielt selbst seine Frauen zurück, wenn Anas etwas angestellt hatte. Er (s) sagte nur: „Lasst den Jungen“.

Diese gute Behandlung wird im Koran mit ihsan (s. Koran 4:36) bezeichnet. Die Versorgung und Betreuung der Waisenkinder ist für Muslime nicht nur eine moralische Aufgabe, sondern eine islamische Verpflichtung. Gläubige im Islam beschützen Waisenkinder, erziehen sie zu nützlichen Mitgliedern der Gesellschaft und gewinnen sie für die Gesellschaft. Unser geliebter Prophet (s) hat diejenigen, die Waisen aufnehmen oder sich um sie kümmern, die frohe Botschaft des Paradieses verkündet. Er (s) sagte: „Wer eine unter den Muslimen befindliche Waise aufnimmt und ihr zu essen und zu trinken gibt, den wird Allah sicherlich in Sein Paradies einlassen, vorausgesetzt er hat keine Sünden begangen, die nicht vergeben werden (d.h. Schirk).“ (Tirmidhi)

Waisenkinder brauchen in vielen Ländern auch heute noch Unterstützung, solange bis sie ihr Leben selbst in die Hand nehmen können. Sie brauchen Menschen, die dem Vorbild des Propheten (s) und seinen Gefährten (r.a.) folgen und sie regelmäßig unterstützen. So eine Person wird im Islam als wali (Plur.: awliya) bezeichnet. Sie wirken als Beschützer und Helfer, da sie die Kosten der Versorgung, Unterkunft – in unserer Zeit auch der medizinischen Betreuung und Schulausgaben – für ein Waisenkind übernehmen.

Die uneigennützige, regelmäßige Tat um Allahs Willen wird mit dem Paradies und der Nachbarschaft des Propheten (s) im Jenseits vergolten, weil so wie die Gläubigen Beschützer und Freunde der Waisen im Diesseits sind, so ist Allah der Beschützer und Freund der Gläubigen im Diesseits und im Jenseits: „…Und Allah ist der Beschützer der Gläubigen.“ (Koran 3:68).

Rüstü Aslandur

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Die Gläubigen sind die Beschützer der Waisen

Zugehöriges Projekt

Ahmad von Denffer

Meulaboh ist eine kleine Hafenstadt in Indonesien mit rund 50 000 Einwohnern, an der Südwestküste von Sumatra. Ende Dezember 2004 ging ihr Name um die Welt. Allein dort kamen etwa 40 000 Menschen ums Leben, als der Tsunami an der Küste wütete. Doch wer erinnert sich bei uns noch daran? Von der Provinzhauptstadt Banda Aceh fährt man die 250 Kilometer in rund vier Stunden, wenn man sich einem der einheimischen Fahrer anvertraut. Mehrmals führt die Straße über steile und kurvenreiche Bergabschnitte. Dort ist sie besonders eng. Hinzu kommen längere Strecken auf Meereshöhe. Hier sieht man, wenn man aufmerksam hinschaut, noch die Verwüstung durch den Tsunami. Größere Teile der Straße sind erkennbar neu, denn die Flut hat nicht nur die alte Straße weggespült, sondern ganze Küstenstreifen verschlungen. Aus dem Wasser ragen, wo die kleinen Bergflüsse ins Meer münden, Reste der alten Brückenpfeiler heraus. Näher an Meulaboh sieht man zahlreiche unbewohnte beschädigte Häuser, an deren Wänden das Meerwasser seine Spuren hinterlassen hat. Andernorts schimmern nur noch die Fundamente unter dem Wasser …

In Meulaboh habe ich ein Waisenhaus für Mädchen besucht, das zugleich eine Koranschule ist, eine sogenannte „Pondok“. Nach dem Tsunami eröffnet, wird sie seitdem fortgeführt. Derzeit hat sie siebzehn  Schülerinnen im Alter von zwölf bis neunzehn Jahren, zwei weitere kommen demnächst hinzu.

Nach der Begrüßung trug eines der Mädchen mit klarer Stimme und einwandfreier, deutlicher Aussprache etwas aus dem Koran vor. Es waren die ersten elf Verse der Sure al-a’raf, in der es heißt: „Und wie manche Ansiedlung haben Wir vernichtet, und es kam Unser Elend zu ihr, nachts oder als sie Mittagsschlaf hielten …“

Ob das mit Bedacht gewählt war, weiß ich nicht, doch es war mir bedeutsam, es von einer Waise in dem Städtchen Meulaboh gehört zu haben.

„Wie heißt ihr, wie alt seid ihr, seit wann seid ihr hier in der Schule?“ fragte ich die Mädchen. So erfuhr ich, dass die 13-jährige Kasturi erst vor zwei Tagen hierher gekommen war, während  Fatris in ihren dreieinhalb Jahren Schulzeit acht der „dschus“ genannten  Koranteile auswendig zu rezitieren gelernt hat. Salimah, mit zwölf Jahren die Jüngste, kann einen ganzen Teil aufsagen.

„Und wie verbringt ihr den Tag?“ Da wollte niemand den Anfang machen. Doch auf meine Frage: „Wer von euch steht denn morgens als erste auf?“ kam prompt die Antwort – ein allgemeines lautes Lachen. Alle dachten wohl: Zum Glück hat er nicht gefragt „Wer schläft am längsten?“. Jetzt waren die Gesichter entspannt. Fatris schilderte den Tagesablauf. Gegen vier Uhr morgens wacht sie auf, meist von selbst. Eine eigene Uhr hat sie nicht, aber im Zimmer hängt eine Uhr an der Wand. Manchmal kommt auch eine der Betreuerinnen und weckt alle. Gemeinsam wird ein tahadschud-Gebet verrichtet. Danach bleibt noch etwas Zeit, sich dem Abschnitt aus dem Koran zu widmen, den man gerade auswendig lernt.

Indonesien: Die Küste auf dem Weg nach Meulaboh

Der Gebetsruf ist gegen fünf Uhr zu hören. Die Moschee liegt direkt nebenan. Nach dem Morgengebet werden Worte des Gottesgedenkens gesprochen. Es gibt auch kurze Ansprachen mit guten Ratschlägen und Ermahnungen. Um halb sieben wird gefrühstückt, Reis mit Fisch oder Gemüse, getrunken wird normalerweise Wasser, nur selten einmal Tee.

Anschließend folgt „tahfiz“, das Memorieren des anstehenden Koranabschnitts. In der Pause um halb neun wird das duha-Gebet verrichtet, ab Viertel nach neun gibt es „tahsin“, die Verbesserung des Auswendigvortrags und der Rezitation. Um elf Uhr beginnt die lange Pause bis zum Mittagsgebet gegen halb eins. Man kann sich ausruhen und duschen. Nach dem Gebet gibt es das Mittagessen, wieder Reis mit Beilage, wie zum Frühstück.

Am Nachmittag beginnt der allgemeine Schulunterricht, der, unterbrochen vom Nachmittagsgebet, bis halb Sechs dauert. Die Waisen werden je nach Alter den Lehrplänen in den öffentlichen Schulen folgend unterrichtet. Vor dem Abendgebet gibt es das Abendessen, ja, wieder Reis mit Beilage! Das Nachtgebet findet gegen acht Uhr statt. Danach widmet man sich nochmals dem Auswendiglernen des Korans, und um zehn Uhr ist schließlich ein langer Tag zu Ende gegangen. Soweit der Bericht von Fatris.

Die anderen Mädchen erzählen nun, dass sie in der Morgenpause auch ihre Zimmer und das Haus reinigen und samstags verschiedene praktische Dinge lernen, wie etwa Herstellung von Seife oder Blumenschmuck. Sonntags ist frei und für kurze Ausflüge vorgesehen. Vier der Mädchen bringen zudem von Montag bis Freitag Kinder aus der Nachbarschaft am Nachmittag das Koranlesen bei. Freitags gibt es das wöchentliche Gebet in der Moschee, Donnerstag und Samstag gibt es abends allgemeinen Islam-unterricht für alle.

„Was ist denn aus den Waisen geworden, die in den vorherigen Jahren hier waren?“ will ich auch wissen. Nicht alle haben den ganzen Koran auswendig lernen können, wird mir gesagt. Aber sie haben, anders als in der öffentlichen Schule, nicht nur die üblichen Fächer gelernt, sondern zusätzlich auch Islam-unterricht erhalten. Das sei ja das Ziel der „Pondok“. Einige frühere Schülerinnen haben auf Grund ihrer guten Leistungen Stipendien bekommen und studieren nun an Islamischen Universitäten in der Landeshauptstadt Jakarta.

Dies alles erfuhr ich, während wir im großen unteren Raum des Hauses saßen. Die Waisenmädchen sind in der oberen Etage untergebracht. Viel Platz gibt es nicht, in jedem der vier kleinen Zimmer werden tagsüber die Matratzen aufgestapelt, zum Schlafen auf den Boden gelegt. Neben schmalen Schränken steht ein Gestell zum Wäschetrocknen. An der Wand hängt eine selbstgemachte Tafel mit einigen Sätzen als Lernhilfe. Der Farbanstrich verbirgt kaum den Putz. In der Zimmerdecke prangt ein braun umrändertes Loch, durch das bei Regen das Wasser fließt. Es muss dann mit einer Schüssel aufgefangen werden. Das Geld für die Reparatur fehlt leider, sagt mir der Schulleiter.

Zu Besuch im Waisenhaus für Mädchen

Da wenigstens können wir inschallah weiterhelfen, denke ich. Und auch die Kosten für das Essen können wir inschallah decken. Dreimal am Tag Reis mit Beilage mag sattmachen, aber zur Abwechslung dürften es auch ab und zu einmal Nudeln sein …

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Zu Besuch im Waisenhaus für Mädchen

Zugehöriges Projekt

Gerade die Waisenprojekte sind langfristige Projekte, die sich durch jahrelange Bildungsmöglichkeiten auszeichnen können. Zur Waisenversorgung gehört auch die medizinische Versorgung, wenn sie benötigt wird und Unterstützung mit Lebensmitteln. muslimehelfen unterstützt bereits seit vielen Jahren, besser gesagt Jahrzenten, Waisenkinder. Am längsten werden die Waisenprojekte in Burundi und Sri Lanka unterstützt. In den letzten Jahren sind alhamdulillah noch Waisenprojekte in Indien, Pakistan, Kenia und Indonesien dazu gekommen.

„Nach dem Tod ihrer Eltern bin ich der einzige, der sich noch um sie kümmert, aber ich bin Herzpatient. Ich kann sie nicht an eine gute Schule schicken, aber durch eure Hilfe erhalten meine Neffen und meine Nichte eine anständige Grundausbildung. Ich danke muslimehelfen.“

Liaquat, 40 Jahre alt, aus Tibba, Kamokay (Pakistan)

In Pakistan wurde 2015 ein Pilotprojekt für fünfundzwanzig Waisenkinder umgesetzt. Diese Kinder wurden in Schulen angemeldet, haben Schuluniformen und Schulmaterialien erhalten. Die anfallenden Schulgebühren wurden übernommen. Die Jungen und Mädchen, die zwischen vier und zwölf Jahren alt waren, wurden zur Schule gefahren und nach Schulschluss wieder nach Hause gebracht. Viele der unterstützten Kinder konnten vorher weder schreiben noch lesen. Die Lernfortschritte der Kinder wurden durch ihre Lehrer und die Partner vor Ort dokumentiert.

Pakistan: Hadiya war eines der Waisenkinder, das im Pilotprojekt 2015 unterstützt wurde.

Hadiya war eins dieser Waisenkinder. Ihr Vater wurde erschossen. Shazia, die Mutter von Hadiya, ist danach mit ihr und ihren Geschwistern zurück zu deren Großvater gezogen. Dieser verdient etwas mit dem Verkauf von Gemüse. Leider reicht es aber nicht, um damit einen Schulbesuch zu ermöglichen. Alhamdulillah konnten Hadiya und ihre Geschwister mit in das Waisenprojekt aufgenommen werden. Ihre Mutter ist sehr dankbar: „Ihr habt meine Kinder an einer guten Schule angemeldet, ihnen Bücher und Hefte gegeben und ihr fahrt sie zur Schule. Jetzt sind meine Kinder schlau und erledigen ihre Hausaufgaben pünktlich. Ich bete viel für euch. Ich bin euch so dankbar, dass ihr für meine Kinder und mich so viel getan habt.“

„Arshads Vater ist bei einem Unfall gestorben. Er wurde von einem Zug erfasst und starb noch an der Unfallstelle. Seine Mutter hat wieder geheiratet und die Kinder bei mir gelassen. Ich arbeite als einfacher Arbeiter in einer Fabrik und verdiene gerade einmal 7.000 Rupien (umgerechnet ca. 60,30 €), damit kann ich die Kinder nicht zur Schule schicken. Aber ihr habt Arshad an einer guten Schule angemeldet und habt ihm Bücher gegeben und Hefte, ihr fahrt ihn zur Schule und gebt ihm Schulsachen und ihr kümmert euch um all seine Belange. Ich bin euch sehr dankbar, weil ich selbst in hundert Jahren nicht das für sie tun könnte, was ihr getan habt.“

Munawar Hussain (Onkel von Arshad),
40 Jahre alt, aus Tibba, Kamokay (Pakistan)

Da dieses Waisenprojekt in Pakistan erfolgreich abgeschlossen wurde, konnte es auch 2016 fortgeführt werden. Bei der Fortsetzung 2017 konnte alhamdulillah die Zahl der unterstützten Waisenkinder sogar auf sechzig erhöht werden.

Diese langfristige Hilfe ist durch Deine Spenden möglich. Durch Deine Bereitschaft eine regelmäßige Spende zu tätigen, können wir die Hilfe planen.

„Ich konnte meine Kinder nur ernähren, weil ich als Hausmädchen in den Nachbarhäusern arbeite. Aber ich konnte sie nicht unterrichten. Doch eure Organisation hat sie unterstützt und ihnen eine sehr gute Ausbildung ermöglicht. Möge Allah muslimehelfen in dieser großartigen Sache beistehen.“

Saima Bibi, 39 Jahre alt,
aus Tibba, Kamokay (Pakistan)

Doch was ist mit den Spenden, die einzeln für Waisen eingehen?

Diese Spenden gehen auch in den Waisenfonds. Aus diesem Fonds werden die Waisen gemeinsam unterstützt. Durch die einmaligen Spenden wird dieser Fonds zusätzlich zu den regelmäßigen Spenden  weiter gefüllt. Diese Spenden helfen den Waisen somit bei ihrer Schulbildung und werden für weitere Hilfen verwendet werden, wie beispielsweise Schulmaterialien, medizinische Betreuung und Lebensmittel.

Hilf auch Du den Waisen nach Deinen Möglichkeiten. Denn Allah sagt: „… Was ihr an Gutem gebt, so ist es für … die Waisen und die Armen … Und was immer ihr an Gutem tut, wahrlich, Allah weiß es wohl“ (Koran 2:215)

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Wie Deine Spende Waisen hilft

Zugehöriges Projekt

Von Nadya Moussa

2017 war für viele unserer Mitmenschen ein gefährliches Jahr. Die größte Bedrohung kam in Form von Wassermassen und Hungersnöten. Aber auch Flucht vor Gewalt und Verfolgung erschien in 2017 Hunderttausenden die für sie einzig erkennbare Lösung. Wieder aufgeflammte Gewaltübergriffe gegen Rohingya in Myanmar haben zu neuen Flüchtlingsströmen mit Bangladesch als Zufluchtsort geführt, bis die Grenze geschlossen wurde.

Myanmar ist beinahe doppelt so groß wie Deutschland und liegt eingeschlossen zwischen Bangladesch, Indien, China, Laos und Thailand mit Zugang zum Golf von Bengalen. Die meisten seiner Einwohner bekennen sich zum Buddhismus. Die Gruppe der Rohingya, wie sie sich selbst nennen, sind mehrheitlich Muslime – unter ihnen gibt es aber auch eine kleine hinduistische Minderheit. Seit Generationen leben sie im ehemaligen Burma, ohne Staatsbürgerschaft oder Bürgerrechte. Dort will man sie nicht. Bis heute sind sie immer noch Unterdrückung, Verfolgung und Gefahr ausgesetzt, die vergangenen Wochen waren einmal wieder eine traurige Bestätigung dafür. Die Geschichte der Rohingya ist nicht einmalig auf der Welt, wie ihnen geht es auch anderen Völkern und Volksgruppen. Doch das Ausmaß der Gewalt gegen sie und die Stille von Seiten vieler Regierungen, inklusive der eigenen burmesischen machen die Rohingya zu einem der gefährdetsten Völker derzeit.

Bangladesch: Lebensmittelhilfe für Rohingya.

Augenzeugen berichten von Vergewaltigungen, Morden und Zerstörung. Unpassende Bilder dazu gingen als Zeugnis davon um die Welt, dabei sind es nicht nur Medien, die diese Fotos in Umlauf bringen, auch die breite Masse der Privatpersonen. Doch ein Unrecht lässt sich nicht bekämpfen, indem man Aufnahmen verkohlter Leichen verbreitet.

Bangladesch: Durch Zyklon Mora wurden die provisorischen Behelfsunterkünfte zerstört.

Im August 2017 war es zu einem neuen Gewaltausbruch gegen Rohingya gekommen, in dessen Folge sie zu Hundertausenden an die Grenze zu Bangladesch geflüchtet sind. Die Grenze passieren dürfen sie nicht, offiziell bleibt den Flüchtlingen der Weg ins Nachbarland derzeit versperrt. Einzelpersonen und kleine Gruppen schaffen es hin und wieder, über die Grenze zu kommen. Die Polizeibeamten lassen sie gewähren. Aber die meisten Flüchtlinge bleiben in der Schwebe zwischen zwei Ländern. In ihre Dörfer zurückkehren können sie auch nicht – viele sind niedergebrannt und die, die noch stehen, nicht zu erreichen, denn das burmesische Militär hat Nachrichtenberichten zufolge Landminen am Grenzstreifen ausgelegt, um die Geflüchteten an einer möglichen Rückkehr zu hindern. Selbst wenn es ihnen gelänge, zurückzukehren, welche Zukunft hätten sie?

Auf dem Stück Land zwischen Bangladesch und Myanmar, das offiziell weder zu dem einen noch zum anderen Land gehört, harren zehntausende Rohingya völlig erschöpft aus und warten auf Hilfe. Kinder werden dort oder auf dem Weg dorthin geboren. Andere haben sich in Booten über das Meer gerettet und in Cox’s Bazar angelegt, einige Kilometer von bereits bestehenden Flüchtlingslagern entfernt, wo bereits mehrere zehntausend Rohingya zum Teil seit Ende 2016, zum Teil aber noch länger als Flüchtlinge leben. Sie sind dort hauptsächlich in zwei provisorischen Flüchtlingslagern untergekommen: Kutupalong und Balukhali, beides keine Orte, an denen ein Mensch leben sollte, wobei Balukhali den etwas besseren Ruf genießt. Die Unterkünfte sind zusammengezimmert aus Bambus, Schlamm und Plastik. Das hält keinem Sturm Stand. Und als im Mai 2017 Zyklon Mora auf den Strand von Cox’s Bazar traf, brachen die Unterstände wie erwartet zusammen. Die Flüchtlinge blieben mit nichts zurück. Mora zog als Sturm weiter über Land, um auch dort zu verheeren und zu verwüsten.

Die hygienische Situation sowohl in den Flüchtlingslagern als auch im so genannten Niemandsland zwischen Bangladesch und Myanmar ist katastrophal, an der Grenze noch schlimmer als am Meer. Es fehlt an fast allem: eine medizinische Grundversorgung ist nicht und kann nicht gewährleistet werden. Sauberes Trinkwasser gibt es kaum, es besteht die Gefahr eines Choleraausbruches. Es fehlt an Lebensmitteln und vernünftigen Unterkünften. Schulunterricht für Kinder und Jugendliche ist kaum möglich. Es fehlt an Kleidung; vor allem Kleinkinder benötigen welche.

Bangladesch: Die Situation der geflüchteten Rohingya ist katastrophal.

muslimehelfen ist mit seinen Partnern seit Ende 2016 in Bangladesch für Rohingya aktiv. Es wurden und werden Lebensmittel ausgegeben, Kleidung wurde verteilt. Viel mehr geht derzeit nicht. Auch Anwohner und Rohingya, die schon längere Zeit in Bangladesch leben, helfen, wo sie können. Doch die Not ist immer noch sehr groß und der Bedarf an allem, was für uns hier selbstverständlich ist, nicht gedeckt. Wir schöpfen alle Möglichkeiten aus, die uns zur Verfügung stehen. Auch mit Deinen Spenden können wir einen Beitrag leisten. Möge Allah Dich dafür belohnen.

Die Rohingya – ein Volk flüchtet

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